Am Mittwoch sind wir, meine Mutter und ich, nach Berlin gefahren. Wir hatten einen Termin in der Botschaft von Afghanistan, weil ich einen afghanischen Pass beantragen sollte – so, wie es die Verwaltung in Oldenburg wollte. Ich habe in der Nacht vorher nicht geschlafen und ich hatte furchtbare Bauchschmerzen – ich hatte echt Angst! Ich war ganz sicher, dass ich die Botschaft nicht betreten werde. Meine Mutter hat gesagt, sie geht hinein und erledigt die Dinge für mich. Am Abend vorher hat ein Journalist vom NDR bei uns angerufen. Als er erfahren hat, dass wir am nächsten Tag einen Termin in der Botschaft haben, wollte er gerne mitfahren – und das war für uns ein großes Glück, wie sich später herausgestellt hat!
Als wir in Berlin ankamen, standen Sebastian Schütz und Gregor Hackmack von Change.org mit einem Plakat am Bahnsteig und haben auf uns gewartet. Als meine Mutter und ich das gesehen haben, waren wir so gerührt, dass wir beide ein bisschen weinen mussten!! Die beiden sind mit uns zur Botschaft gefahren und dort hat noch Frau Griesbach, die Büroleiterin von Herrn Albani im Bundestag, auf uns gewartet. Wir waren also eine große Gruppe und das hat mir ein Gefühl von Sicherheit gegeben. Eigentlich wollten die Fernsehleute nicht mit in die Botschaft gehen, weil sie dort ja ohne Erlaubnis nicht filmen dürfen, aber als sie vor der Tür ein Interview gefilmt haben, sind die Angestellten auf uns aufmerksam geworden. Wir sind dann alle schnell hineingegangen. In der Botschaft herrschte große Aufregung wegen der Kamera, obwohl nicht gefilmt wurde. Nach aufgeregten Diskussionen sind Sebastian und die Kameraleute gegangen und wir anderen mussten in ein kleines Wartezimmer gehen. Sie wollten meine Mutter und Frau Griesbach auch vor die Tür setzen, aber meine Mutter hat sich geweigert zu gehen und als sie gehört haben, dass Frau Griesbach einen Bundestagsausweis hat, haben sie sie auch gelassen. Wir haben dann eine ganze Zeit lang gewartet und schließlich wurden wir aufgerufen. Wir wurden durch einen Gang in einen großen Raum geführt – und uns ist fast das Herz in die Hose gerutscht, als wir gesehen haben, wer dort auf uns wartete: der afghanische Botschafter und der Konsul, eingerahmt von einigen Wachleuten, und das Kamerateam! Hinterher hat sich herausgestellt, dass die Kameraleute wieder hereingerufen wurden und ordentlich Ärger bekommen haben, vom Botschafter persönlich. Sie haben sich entschuldigt und erklärt, warum sie da sind und was sie eigentlich filmen wollten, dass es ein Missverständnis gegeben habe und das es nicht um ein Problem geht, das die Botschaft verursacht hat, sondern das Ausländeramt in Oldenburg.
Der Botschafter hat ihnen dann erlaubt zu filmen und hat sich von meiner Mutter und mir das Problem erklären lassen. Er hat aber gesagt, er kann nicht helfen – er hat immer darauf bestanden, dass ich ja meinen Namen ändern will, von dem alten Vornamen in der Abstammungsurkunde in „Qassemi“. Er hat gesagt, ich muss Verwandte in Afghanistan bitten, mir Papiere mit geändertem Namen zu schicken. Und um einen Pass zu bekommen, soll ich nach Afghanistan fahren, hat er gesagt. Das kann man nur in Afghanistan beantragen. Ich war sicher, das ich hier nicht weiterkomme – ich war sicher, wir würden ohne ein Ergebnis gehen, denn er wollte noch nicht einmal unterschreiben, dass sie keine Geburtsurkunde ausstellen können. Und die Ausländerbehörde in Oldenburg hat ja darauf bestanden, dass sie ein Papier bekommt, was sie dann in die Akte heften kann.
Meine Mutter und Frau Griesbach haben dann richtig mit dem Botschafter diskutiert – sie wollten ihn dazu bringen, dass er eine konkrete Aussage macht. Da ist er einfach gegangen und ich dachte, jetzt ist es vorbei. Aber Herr Hackmack ist hinter ihm her gegangen und hat noch einmal mit ihm geredet. Meiner Mutter ist dann aufgefallen, dass er ein Problem damit hat, dass ich meinen Vornamen geändert habe und Gregor ist noch einmal zurückgegangen, um auch das zu klären. Ich brauchte eine Urkunde mit meinem alten Vornamen und meinem Nachnamen. Schließlich war der Botschafter bereit, noch einmal mit mir zu reden. Ich habe ihm gesagt, dass ich in Afghanistan keine Verwandten mehr habe und das ich niemanden dort kenne. Er hat nicht verstanden, warum ich jetzt einen christlichen Vornamen habe und ich konnte ihm nicht sagen, dass ich getauft bin. Das war eine heikle Situation! Am Ende jedenfalls hat er sich vom Außenministerium in Kabul telefonisch die Genehmigung geben lassen, dass er mir eine Geburtsurkunde ausstellen darf. Das ganze hat dann noch einmal über eine Stunde gedauert, aber am Ende hatte ich das Papier!
Ich war so erleichtert und habe mich so gefreut, dass ich vor der Botschaft meiner Mama um den Hals gefallen bin und nur geweint habe. Alle anderen standen um mich herum und hatten auch Tränen in den Augen. Das war wirklich sehr bewegend und für mich ein großer Moment!! Sie haben mir offiziell bestätigt, dass ich nicht gelogen habe, als ich gesagt habe, ich bin Afghane und mein Name ist Qassemi! Sie haben der Stadt Oldenburg einen Beweis geschrieben dafür, dass ich immer die Wahrheit gesagt habe, sowohl über meine Herkunft als auch über meinen Namen. Das hat mich so froh gemacht!
Ohne die Unterstützung von Gregor und Sebastian, Elke Griesbach und dem Kamerateam und ohne die Hilfe des Botschafters und des Konsuls – wer redet schon mit dem Botschafter und dem Konsul persönlich, wenn er nur ein Papier oder einen Stempel braucht! – wären meine Mutter und ich an diesem Tag ganz sicher erfolglos gewesen! Wir hätten keine Urkunde und keine Bescheinigung für das Ausländeramt bekommen. Ich danke allen sehr herzlich – sie können sich gar nicht vorstellen wie dankbar ich ihnen bin und wie froh, dass sie alle mit uns dort waren und uns unterstützt haben!
Hallo Martin, ich möchte Dir und Deiner Familie ganz herzlich zu Deinem Abitur und dem erfolgreichen Kampf gegen die Bürokratie gratulieren. Mich hat Deine Geschichte sehr gerührt und ich wünsche Dir alles Gute, daß alle Deine Wünsche in Erfüllung gehen.
Ganz herzliche Grüße aus Nürnberg
Manfred Lenk
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Hallo Martin, ich freue mich über alle Maßen für Dich für Euch alle, ich kann’s gar nicht
sagen, ich wünsche Dir und Deiner Familie alles Gute !!! Viele Grüße
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Lieber Herr Quassemi,
herzlichen Dank für Ihre Berichte, die ich – letztendlich – mit großer Freude gelesen habe.
Ich bin überaus glücklich, dass Ihr und Ihrer Familie – im Besonderen Ihrer Mutter – Durchhaltevermögen dieses bisherige Ergebnis erzielt haben.
Es ist so stark, dass sich die benötigten Kräfte zusammenfanden, um die Trägheit der Interesse-
losigkeit und Gleichgültigkeit zu überwinden.
Ihr Verhalten, Ihre Treue sich selbst gegenüber zeichnet Sie aus und ist beispielhaft.
Ich hoffe sehr, dass Ihre Einbürgerung nun bald ein positives Ende findet, so dass Sie Ihre Energien frei bekommen für die von Ihnen gewünschten Themen.
Viel Glück und Freude dabei wünsche ich Ihnen von Herzen.
Maria Wolz
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Hallo Martin, ich freue mich für dich und deine Familie, dass dieser wichtige Schritt nun endlich geklappt hat! Mit Mut und Ausdauer kommst du ans Ziel. Viel Glück.
Petra M.
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Lieber Martin,
als ich deine Email über die „guten Nachrichten“ gelesen habe, habe ich vor Freude geweint. Ich hoffe sehr, dass für dich und deine Familie nun alles gut wird und du bald deine Einbürgerungsurkunde in Händen halten kannst. Ich werde deinem Blog weiter mit Interesse verfolgen.
Alles Liebe und Gute wünscht dir und deiner Familie von Herzen
Marita Weißenburg
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